Aarbergener Jahr des Wassers

Bau der Wasserleitung Panrod 1892 /1893 und die Wasserversorgung bis heute


Das Jahr 1893 war von besonderer Bedeutung für Panrod. Die 1892 begonnene Wasserleitung war fertiggestellt worden, so dass Pfarrer Dr. Seibert bezüglich der Dürre 1893 feststellen konnte, wonach in unserer Gegend Tiere und Menschen vor Hitze verschmachtet seien, „ausgenommen Panrod, dessen Wasserleitung sich glänzend bewährte“. Bis dahin hatte sich jeder Haushalt aus seinem eigenen Brunnen versorgt oder aus einem der beiden Laufbrunnen. Dem noch heute bestehenden Dorfbrunnen und einem Brunnen am Eingang der Brunnentraße.

Foto des Dorfbrunnens aus der heutigen Zeit

Am 7. Mai 1893 wurde die Einweihung der Wasserleitung festlich begangen. Der Aar Bote berichtete am 13.5.1893 in patriotischen Worten: „Um 2 Uhr bewegte sich der Festzug an welchem die Ortsbehörde und alle, welche an der Vollendung unserer Wasserleitung in irgend einer Weise thätig gewesen waren, sich betheiligt hatten, unter Vorantritt eines Musikkorps an den mit „Hoch“ begrüßten Brunnenstöcken und Hydranten, sowie an dem durch eine Hydrantenspeisung in eine Fontaine verwandelten alten Ortsbrunnen vorbei zu dem höchst gelegenen Brunnenstock, an dem Weg nach Hennethal, wo der hiesige Männergesangverein mit dem prächtigen Chorliede: „Der Herr hat Großes an uns gethan“, die Feier würdig einleitete. In der Ansprache (Pfarrer Dr.Seibert) wurde das wohlgelungene Werk als das Werk des vorwärtsschreitenden, opferbereiten Gemein- und Bürgersinns vor Augen geführt, den Spitzen der Behörde, der ganzen Bürgerschaft und den Unternehmern für Arbeit, Umsicht und Opferfreudigkeit die gebührende Anerkennung gezollt und vor allem zum Dank gegen den Allmächtigen aufgefordert, der im Absingen des Liedes: „Nun danket alle Gott“ seinen erhebenden Ausdruck fand. Zwei kleine Mädchen kredenzten den einzelnen Korporationen das Wasser als einen Freuden-, Ehre- und Festdrunk, mit folgendem innigen Sprüchlein:

Hoch ist der Berg, auch die Freude ist groß

Wasser entquillt hier der Erde Schooß

Gibt sich uns mühelos, frisch, reichlich und rein

Uns allen soll es ein Segen sein!

Nun kostet das Wasser, die Frucht Eurer That

Ihr Spitzen des Ortes, ihr Männer vom Rath!

Den Alten bringts Labung, dem Feuer sei’s Wehr!

Den Jungen bringts Stärkung, dem Herrgott zur Ehr!

Die Schulkinder zeigten sich durch das Lied: „Am Brunnen vor dem Tore“ dankbar für eine gespendete Festgabe. Mit einem Hoch auf den Kaiser, den Vermittler des Friedens, der allein Friedenswerke derart möglich macht, schloß die Feier. Die Nachfeier des Regens wegen im geschlossenen Lokale abgehalten, hielt die Festfeiernden noch lange in gemüthlich-freudiger Stimmung beisammen.“

In Panrod waren fünf Ventilbrunnen aufgestellt und fünf Feuerhahnen angebracht worden. 34 Einwohner hätten sich die Wasserleitung ins Haus und zum Teil auch in die Ökonomiegebäude (Wirtschaftsgebäude) führen lassen. Der Rest benutzte weiterhin die eigenen Brunnen oder die Ventilbrunnen, wo das Wasser mit Eimern geholt werden musste.

Zu der Wasserleitung schreibt Dr. Seibert, „dass dem Bau viele Einwohner mit Unverständnis, Mißverständnis und aus Mangel an Wohlwollen entgegengetreten waren und das nun aber jeder den Vorteil anerkennen müsse, sobald nur der Kranen im Haus zum ersten Mal laufe, was am 30. Dezember 1892 im Pfarrhaus der Fall gewesen sei.“

Dazu hieß es bereits am 19.12.1892 im Aar-Boten: „Wäre von berufener Seite Unterstützung gewährt worden, dann wäre die Ortsstraße nicht solange unpassierbar gewesen, und muß man staunen, daß selbst in den langen dunklen Nächten kein Unglück vorgekommen. Die Befürchtung vieler Zaghafter, wie auch Gegnern der Wasserleitung, das erforderliche Quantum Wasser werde nicht gewonnen, ist nun auch nicht eingetroffen. Leider wird durch die Anlage der Leitung im Ort selbst die Unzufriedenheit so vieler Ortsbürger sich niemals ganz geben. Zur Deckung der Kosten hat die Gemeinde eine Anleihe von 14.000 Mark mit 2 bis 2,5 % Zinsen aufgenommen.“

Ausdruck dieser Unzufriedenheit findet sich in einem Schreiben die Anlieger der Schulgasse (heutige Brunnenstraße) vom 29. November 1905, „dass die Straße in schlechtem Zustand sei und für das Zugvieh sei es eine Quälerei, den Weg zu befahren. Schon bei der Wasserleitung seien sie nicht berücksichtigt worden und seien gezwungen gewesen, für ihr Geld eine Nebenleitung herzustellen, weil die Hauptleitung nicht durch ihre Straße geführt worden sei. Weil man die Gemeindeabgaben wie andere Bürger auch zahle, wolle man nun den Ausbau der Straße.“ Die Anlieger waren Philipp Enders, Friedrich Wilhelm Müller, Christian Koch II, Wilhelm Grund, Christian Egert und Karl Crecelius.

Quellfassung am Hennethaler Weg

Offensichtlich hatte die Gemeinde die Wasserleitung nur durch die damalige Ortsstraße (heutige Palmbachstraße) geführt, den Bereich der heutigen Pfarrgasse und bis zur Hälfte des Hennethaler Weges (heutige Wilhelmstraße).

Diejenigen, die später ihre Häuser in Richtung Hennethal bauten, musste sich dort das Wasser in Eimern holen, bis die Wasserleitung 1930 weiter ausgebautr wurde.

Die Wassergewinnunng erfolgte, wie auch heute noch durch die Flachschürfung in der Oberdaisbach, wo sich auch heute noch das alte Wasserreservoir befindet – allerdings wird heute das Wasser von dort in das neue Wasserreservoir am Platter Weg gepumpt - und eine Quellfassung am Hennethaler Weg. Diese Quelle wird heute nicht mehr genutzt und die Wasserleitung wurde duch die spätere Bebauung der Wilhelmstraße überbaut.

Noch 1930 wurde das Wassergeld pauschal abgerechnet, da es noch keine Wasseruhren gab, 15 RM pro Familie und 1,50 RM pro Stück Großvieh. Gewerbebetriebe (Brennereien und Handwerker) zahlten einen weiteren Pauschalsatz, dessen Höhe nicht genannt wurde.

1930 wurde die Wasserschürfung um eine neue Quelle erweitert, um die Wasserknappheit zu beseitigen. Dies geschah nach den Beschwerden aus dem Neuroth/Wilhelmstraße und des Bäckers Wölfinger, wonach die Bewohner der Wilhelmstraße während der Sommer für mehrere Monate aus dem Brunnen des Wilhelm Schneider ihr Wasser holen mussten, da der Wasserdruck nicht ausreichend war. Dies war eine Folge der weiteren Bebauung der Wilhelmstraße in Richtung Hennethal. Da zunächst nur der Talgrund bebaut war, zog sich jetzt die Bebauung in die Höhe, ebenso entlang der Röderstraße, der Hühnerstraße und der Palmbachstraße in Richtung Ketternschwalbach und in Richtung Burgschwalbach.

Das 1926 gebaute Haus der Familie Wagenbrenner, Wilhelmstraße 19, war 1929 noch nicht an die Wasserleitung angeschlossen und die Bewohner mussten sich ihr Wasser in der Brunnenkammer gegenüber in der Wiese holen, wo sie sich heute noch befindet. Hierüber beschwerte sich die Familie 1929. Der Bürgermeister antwortete kurz und trocken, die Familie habe zuvor im Ort gewohnt und sei dort die letzten 30 Jahre auch nicht an die Wasserleitung angeschlossen gewesen, aber für 1930 seien entsprechende Arbeiten vorgesehen.

Willi Heckelmann vor dem Haus Wagenbrenner, bis 1950 das letzte Haus am Ortsausgang an der Wilhelmstraße in Richtung Hennethal.

1954 wurde die Wasserversorgung Panrods überprüft. Die Versorgungslage war schlecht, die Quellen lieferten nur 40 m³ Wasser am Tag, während der Verbrauch auf 70 m³ beziffert wurde. Das Wassergeld wurden damals noch immer pauschal erhoben: pro Haushalt 15 DM im Jahr, pro Stück Großvieh 3 DM, pro Spülklosett 5 DM und je Gewerbebetrieb 5 DM. Wasseruhren wurden erst ab 1957 eingebaut und der Wasserpreis wurde dann von der Gemeindevertretung auf 35 Pfennig pro m³ festgesetzt, schon damals etwas erhöht, wie ausdrücklich erwähnt wurde, um einen Anreiz zum Sparen von Wasser zu geben. Das Wasserreservoir in der Oberdaisbach war 1946/47 durch eine Schieberkammer erweitert worden. In dem Hochbehälter wurde das Wasser der drei Schürfungen in der Oberdaisbach seit 1892 gesammelt und von dort in das Dorf geleitet. 1948 bis 1953 waren die Wasserrohre des Ortsnetzes teilweise durch Gussrohre erneuert worden. Das Wasser war zum damaligen Zeitpunkt bakteriologisch belastet und durfte nur abgekocht verwandt werden.

In den Jahren 1967 bis 1972 wurde die Wasserversorgung erweitert und verbessert, insbesondere wurden die Bleirohre ersetzt. Auch die Kanalisation wurde bei dieser Gelegenheit erneuert.

1974 wurde die Wasserversorgung durch eine Tiefbohrung in Richtung Burgschwalbach, in der Kohlwiesenheck, ergänzt, nachdem es in trockenen Jahren zu Versorgungsengpässen gekommen war. In diesem Zusammenhang wurde auch am Platterweg 1974 das neue größere Wasserreservoir gebaut, um die Wasserversorgung zu verbessern und den Leitungsdruck zu erhöhen. Zuletzt wurde 2015 die Wasserleitung zu den Aussiedlerhöfen in Richtung Hennethal erneuert, auch um den Brandschutz zu verbessern. Heute, im Jahr 2019, versorgt sich Aarbergen mit eigenem Wasser von guter Qualität. Zwischen den einzelnen Ortsteilen gibt es eine Verbundleitung. Zwischen Daisbach und Panrod existiert lediglich eine Notleitung, um Panrod zusätzlich mit Wasser versorgen zu können.

In Aarbergen kostete 2019 der m³ Wasser 2,90 € zuzüglich 7% Mehrwertsteuer.

Links neben dem Strommast das 1974 errichtete Wasserreservoir

1990 wurde Panrod an die gemeindliche Kläranlage in Rückershausen angeschlossen, nachdem im Ortsbering der Abwasser- und der Bachkanal getrennt verlegt worden waren. Entlang der Trasse der Kanalleitung nach Daisbach wurde 2004 der Fahrradweg angelegt.

Schüler mit Lehrer Constabel 1909 vor dem damaligen Schulgebäude (heute Palmbachstraße 34), zu Füßen der Kinder ist der noch offene Daisbach zu sehen

Bereits 1910 war Panrod kanalisiert worden, allerdings durch einen gemeinsamen Bachkanal, zusammen mit dem Daisbach, der bis dahin offen durch Panrod geflossen war. Die linksseitigen Hofreiten und Nebenwege konnten nur durch Brücken erreicht werden, ebenso der Hennethaler Weg (heutige Wilhelmstraße).